Neurolinguistische Aphasietherapie

Aphasie ist eine neurologisch bedingte Sprachstörung

  • Durch Schädigung der Sprachzentren in der linken Gehirnhemisphäre (Gehirnhälfte) 
  • Entstanden durch einen Apoplex (Schlaganfall), Hirnblutung oder Schädel-Hirn-Trauma (Unfall).
  • Alle Sprachmodalitäten können betroffen sein: Sprachproduktion, Sprachverstehen, Lesen und Schreiben.
  • Eine Aphasie stört die Fähigkeit sich mit Hilfe der Sprache auszudrücken und Gesprochenes und Geschriebenes zu verstehen. Das Denken ist nicht beeinträchtigt.
  • Genaueres zu Aphasie: Link meines Berufsverbandes dbl

Sprachverarbeitungsmodelle

Um eine Aphasie verstehen zu können, habe ich mich ausführlich mit linguistischen Sprachverarbeitungsmodellen auseinandergesetzt. Das gängigste und verständlichste Modell ist das "Logogen-Modell" von Willem Levelt.

 

Ein Beispiel, wie man mit einem Modell arbeitet anhand von :

 

 Frage + Antwort

  • Um Sprache zu verstehen, muss ich zunächst analysieren können, ob das, was ich höre ein Geräusch oder Sprache ist und ob der Satz zu der Sprache gehört, die ich kenne, Deutsch in unserem Fall (auditive Analyse)
  • Bevor ich den Satz in mein Lexikon (semantisches Lexikon) weiterschicke, muss ich es speichern können (auditiver Arbeitsspeicher/ Gedächtnis) und die Wörter in ihrer Struktur (Phoneme) erkennen (auditiver Arbeitsspeicher/ Phonematik)
  • Im semantischen Lexikon finde ich die Bedeutung der bedeutungstragenden Wörter (Nomen, Verben, Adjektive).
  • Durch das Verständnis der Grammatik (Satzbau), kann ich letztendlich verstehen, wie dieser Satz genau gemeint ist (Pragmatik), als Frage etwa oder Aufforderung. 
  • Würde ich nun noch antworten wollen, müsste ich den Satz weiterhin speichern und mir eine Antwort überlegen. Wieder würde ich Wörter im semantischen Lexikon (Bedeutung) suchen und finden. 
  • Die Wörter muss ich nun in ihrer Struktur speichern (phonologisches Ausgangslexikon), um die
  • richtigen Buchstaben (Phoneme) bereitzustellen
  • z.B. " j-a, i-ch  r-u-f-e d-i-ch  a-n"
  • Nun könnte ich meinen Antwortsatz aussprechen.

An welcher Stelle der Satzbau erfolgt, ist noch ungeklärt. Funktionswörter (um, und, ein, weil) haben ja ohne einen Kontext keine Bedeutung und müssen im Verlauf sinnvoll eingebaut werden.

Diagnostik und Therapieplanung phasenspezifisch

Wie bei den Sprachverarbeitungsmodell Frage+Antwort erklärt, kann es an jeder Stelle (kursiv gedruckt) eine Störung geben.

  • Mit diesem Verständnis kann ich die Diagnostik (Diagnostik in Anlehnung an die Lemo Diagnostik und Aphasie Check Liste) durchführen, genau erkennen, welche Störung dominiert. Die Therapieplanung baue ich dann darauf auf und kann so sehr effiziente intervenieren.
  • Ich halte es für unerlässlich, genau die "Orte" (semantisches Lexikon, auditive Arbeitsspeicher, phonologisches Ausgangslexikon) herauszufinden, um dann gezielt daran zu arbeiten. 
  • Durch das modellorientierte Arbeiten, gibt es dann eine Differenzierung der Störung.

Benennen gestört - Beispiel: Mund

Einzelne Buchstaben (Phoneme) werden verwechselt (statt Mund wird Lund gesagt) = Phonologische Störung 

oder

die Bedeutung des Wortes im semantischen Lexikon verwechselt  (statt Mund wird Auge gesagt) = semantische Störung.  

  • Der Schweregrad der Störung richtet sich danach, wie viele "Orte" wie stark betroffen sind.
  • Je nachdem, in welcher Phase eine Patient:in zu mir kommt, sieht die Diagnostik und Schwerpunktsetzung der Therapie anders aus. 
  • In der Akutphase (Aktivierungsphase direkt nach dem Schlaganfall) ist es sinnvoll, alle Modalitäten zu aktivieren, da sich das Gehirn noch in der Erholungsphase befindet uns sich die Hauptstörung noch nicht unbedingt herausstellt.
  • Je chronischer eine Aphasie wird, desto wichtiger wird die Spezifizierung und Schwerpunktsetzung (Übungsphase). 

 

 

Interessant auch auf diese Website: logopaedie.com

 

 

 

Aphasietherapie und Material

Da jede Patient:in unterschiedliche Arbeitsweisen und Lernansätze bevorzugt, verwende ich auch viele unterschiedliche Materialien.

  • Je nach Ausprägung der Sprachstörung kann zunächst vielleicht nur mit Bildmaterial gearbeitet werden, da das Lesen noch zu beeinträchtigt ist. Buchstaben müssen erst einmal erarbeitet werden. 
  • Manche Aphasiker:innen arbeiten effizient mit viel gezeichnetem Bildmaterial, andere können damit wenig anfangen und bevorzugen Photos.
  • Die Erkennung von Strichzeichnungen z.B. ist für einige Betroffene unmöglich.
  • Andere mögen Material in Form von Spielen.
  • Wieder gibt es Menschen die es gewöhnt sind sehr strukturiert vorzugehen. Die bekommen Arbeitszettel, die sie bearbeiten können. 
  • Je nach Schweregrad kann auch mit eigenen Photos gearbeitet werden.
  • Alle Patient:innen haben ein Problem mit Sprachspeicherung, weshalb auch eine Ergotherapie häufig sinnvoll ist (kognitives Training, Gedächtnisttraining)

Nach 26 Jahren habe ich viel Material gesammelt und gehe auch gerne immer wieder "Shoppen" auf den Seiten der Logopädie Verlage. Fündig werde ich auch bei Material und Webseiten für Lehrer:innen. Auch Spiele, die Sie zuhause haben, können sinnvoll sein, z.B. "Scrabble" und "Tabu".